Herbst-Frühjahresputz im Wildgarten ala´Tanny ;)

Tanny

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Hallo allerseits,

dann fange ich mal an mit meiner Doku :lala5

Vorab ein paar Infos, wie es dazu kam, dass die Wildgartenpflege hier jetzt so stattfindet,
wie ich es dokumentieren werde:

Als ich vor 6 Jahren diesen Hof kaufte, habe ich mir damit einen Kindheitstraum erfüllt:
Raus aus dem städtischen Leben – rein in die Natur…:oki

Als leidenschaftliche Reiterin und jemand, die sich der kleinbäuerlichen Landwirtschaft durchaus sehr verbunden fühlt, hatte ich mein Leben lang Diskussionen mit Umweltschützern, die die Ansicht vertraten: Pferdehaltung/Reiten/Landwirtschaft und Umweltschutz würden einander ausschließen.

Als Umweltschützerin hatte ich ebenso lange Diskussionen mit Pferdehaltern und Landwirten, die meinten, Umweltschutz würde ihre Existenz gefährden.

Ich wollte niemals glauben, dass das eine nur ohne das andere geht.

Als Kind liebte ich es, im Nutzgarten meiner einen Großmutter zu naschen.
Da gab es wirklich alles: Erbsen, Bohnen, Erdbeeren, Stachelbeeren, Salat, Kartoffeln,
Kirschen usw. usw. – alles schön in Reih und Glied – kein Unkräutchen verunzierte die schwarze Erde zwischen den Früchten und wenn ein Vogel an die Beeren wollte, wurde rechtzeitig ein Netz drüber gespannt.....

Zu Hause hatten wir einen großen Garten in dem wir spielten und „lebten“ – rund um den
Rasen gab es wunderschön blühende Stauden und in Form gebrachte Busche und Bäumchen.
Ich erinnere mich noch gut an die weniger geliebten „Arbeitseinsätze“ am Wochenende:
Rasen mähen und dabei Moos und Löwenzahn ausstechen, Unkraut jäten etc. :doof

…und dann waren da noch die Zeiten, die ich bei meinen anderen Großeltern verbrachte.
Da gab es im Garten auch alles Mögliche zum Naschen. Aber da wuchs auch alles, was ich zu Hause als Unkraut auszupfte. Und dort gab es unheimlich vielfältiges Leben. Ich verbrachte viel Zeit mit meinem Opa in
Wald und Flur (er war auch Jäger) und er brachte mir die Natur so nahe, wie sie war, wenn
man sie Natur sein ließ. :oki

Den Traum vom Landleben hatte ich damals schon. Allerdings mehr in Richtung:
„Später, wenn ich groß bin, dann will ich einen Ponyhof haben“:augenbraue

Erst viel später entwickelte sich langsam, was und wie ich heute denke und lebe.
Es wollte mir einfach nie in den Kopf, dass es nicht möglich sein soll, meine
Bedürfnisse (also z.B. Pferde halten, essen aus dem eigenen Garten, einen eigenen
Garten genießen) und auch Landwirtschaft in kleinem Rahmen zu befriedigen,
ohne, dass ich dafür alles Leben um mich herum (also die Natur) vernichten muss.

Beim Kauf dieses Hofes vor 6 Jahren war mein Ziel, mir selbst und anderen zu beweisen,
dass auch beides nebeneinander geht.

Die nächsten ca 1,5 Jahre verbrachte ich mit pflanzen von über tausend heimischen Büschen,
Sträuchern und Bäumen.

Überall entstanden – ich nannte sie „Biotopinseln“ zwischen genutzten Bereichen.
Also z.B. rund um den Reitplatz blieb ein 5 Meter Streifen, der mit Fichtensetzlingen bestückt wurde und verwildern durfte.
Hinter dem Trailplatz entstand ein 7-Meter Streifen, der mit einem 3-reihigen Knick versehen wurde. Zwischen den Tümpeln (die auch zu der Zeit entstanden) blieb die Fläche, die vorher beidseitig mit begrast wurde, als Brachfläche frei. Überall rund um die Beete im Garten, um den engl. Rasen und rund um die Koppeln entstanden freie Streifen, die verwildern sollten und mit heimischen Gehölzen und Wildblumensaat ihren „Start“ bekamen.

In den ersten 2 Jahren erlebte ich dann so manchen „Rückschlag“ in Form von „Unkraut“, das
schneller war, als meine kleinen Neuanpflanzungen (also immer frei sensen) oder Brachflächen, die ich mir schon so schön vorgestellt hatte, die nach 2 Jahren aus 3 Meter hohen Brennesselfeldern bestanden…und die "Blumenwiesen" waren auch mehr mit Rotstock übersäät und meine Blumensaat ging irgendwie nicht auf. :what

Dann bekam ich den „Agrarrebell“ von Sepp Holtzer in die Hand und verbrachte ein paar Tage und Nächte lesend…..….das war die Lösung:

Nicht NEBENeinander, sondern MITeinander mussten Natur und meine Nutzungswünsche
leben….und einander nützlich sein....:danke
.
…ich stellte alles um und voila´ jetzt profitieren beide Seiten voneinander, ergänzen und nützen sich und ich habe noch nie so wenig Arbeit und so viel Nutzen mit und von diesem riesigen Grundstück gehabt, wie in den letzten 2-3 Jahren….und es wandern Tier- und Pflanzenarten wieder ein, die die Naturschutzverbände hier schon längst für verdrängt erklärt hatten ….:lach

Ich werde zu dieser „Wildgartenpflege“, die in den nächsten Tagen so langsam anläuft hier
dann immer die jeweiligen Bereiche, die gerade „gepflegt“ werden mit vorher/nachher Fotos
dokumentieren und ein wenig erzählen, wie und warum die jeweilige Ecke so geworden ist, wie sie jetzt ist und welche „Irrungen und Wirrungen“ ich dort in der ersten Zeit erlebt habe :zwinker
 
Hi, Kristin,
du machst mich neugierig! Wie hast du die Permakultur nach Holzer umgesetzt? Wie weit bist du dabei gegangen?

Wir haben leider nur einen normalen Hausgarten, insofern ist es nur bedingt möglich, interessante Ansätze umzusetzen. Und das braucht Geduld...

Ich freue mich schon sehr auf deine Ausführungen, schließlich hab ich die Holzer-Bücher auch verschlungen, und Vorträge gehört...
 
@ Karin:
ich habe Holzer nicht konkret umgesetzt, also so, wie er seine Projekte in seinen Büchern schildert.
Zumindest nicht bewusst.Das habe ich eigentlich auch nie überhaupt versucht - zumal er mit seinen
Projekten immer auch einen wirtschaftlichen Erfolg erzielen wollte und hat.

Ich muss vom Hof nicht leben, habe aber beim Kauf (hinsichtlich Land etc.) und bei der Umsetzung
meiner Ideen darauf geachtet, dass ich relativ schnell davon leben könnte, wenn ich es eines Tages müsste.

Die grundsätzlichen Denkansätze bei Holzer waren es, die mich überzeugten – vielfach wie ein „AHA-Effekt“ daher kamen -
und meine eigenen Ideen, Versuche und Irrtümer dann in ganz andere Bahnen lenkten ….schwer zu erklären….

Beispiel"Nutzgarten", wo heute auch die ersten Herbstputzmaßnahmen anstehen:


die vom Vorbesitzer übernommenen Beete habe ich im ersten Jahr genau so gepflegt und gehegt,
wie ich es von Oma aus der Kindheit kannte – und gut drauf geachtet, dass kein „Unkraut“ Obst und Gemüse
überwuchert. (Leider keine Fotos von damals :neinnein) Lediglich um die Beete hatte ich quasi
Wildinseln angelegt – eben alles nebeneinander.

Das Ergebnis:

1. Viel „Unkraut“ in den Beeten = viel Arbeit
2. Erster Sommer sehr heiße, trockene Zeit = täglich sprengen und einiges ist verbrannt
3. Immer zu harter Boden = häufig durchhacken sonst kam das Gemüse nicht richtig
(einprägsam sind mir die Kartoffeln in Kirschgröße im Gedächtnis geblieben… :wunder)
4. Viele Raupen = viele Pflanzen weggefressen
5. Zweiter Sommer super nass = Erdbeeren und Tomaten waren vergammelt
6. Viele Schnecken = Salat und Zucchini geplündert

…und dann waren da noch die Vögel und Kleinnager, die mir jede doch gereifte Frucht immer rechtzeitig
einen halben Tag vor der Ernte weg fraßen, wenn nicht die Hunde noch schneller waren…..:wut


…und dann las ich Holzer und sinngemäß prägten sich folgend Dinge bei mir ein:

- wer im Garten schwitzt um zu ernten, ist selber schuld …
…..ich habe geschwitzt und trotzdem nicht geerntet…..

- Jeder cm schwarzer Boden ist Gift
- „ Unkräuter“ (=Wildkräuter) halten Feuchtigkeit wenn es trocken ist,
- schützen vor Nässe, wenn es zu lange regnet,
- beschatten die Frucht,
- verhindern Erosion,
- bieten den Feinden derer, die meine Pflänzchen vernichten wollen (Schnecken, Raupen, Milben usw.)
Versteck und Nahrung,
- sind Gründünger, wenn sie an Ort und Stelle ausgezupft liegen bleiben
- und sind gesunde, vielseitige und sehr schmackhafte Nahrung für mich

- und last not least:
- lasse die für Dich arbeiten, für die es keine Arbeit sondern großer Spass ist und die aus dieser Arbeit
auch noch ihren Nutzen ziehen…..

Meine Konsequenz aus diesen „Lehren“:

Hühner wurden angeschafft!

Im nächsten Jahr haben wir im Frühjahr vom Misthaufen je ca 10 Karren Mist auf die Beete gefahren
(ca 2 Std. Arbeit), die Hühner ins Beet geschickt zum Mist glatt machen und ein paar Tage-Wochen
(je nach Saat und Pflanze) die Pflanzen ins Beet gesetzt und Wildsaaten dazwischen gestreut.

Dann habe ich gar nichts mehr gemacht außer, dass ich ab ca März bis in den Dezember alles mögliche
ernte (jetzt schon im 3. Jahr) – egal, wie das Wetter war.

Viele Fotos reifer Früchte und Gemüse habt Ihr in meinen monatlichen Wildgartenbeiträgen schon gesehen :)

Zur Zeit wachsen, blühen und reifen in den Beeten immer noch Tomaten, Zucchini, Kürbis, Mais, Kapuzinerkresse,
Mangold und diverse essbare Wildkräuter....man muss nur etwas suchen ;)

Garten Beete IMG_0471.JPG  Garten Beete IMG_0472.JPG  Garten Beete IMG_0473.JPG  Garten Beete IMG_0474.JPG  Garten Beete IMG_0475.JPG  Garten Beete IMG_0476.JPG  Garten Beete IMG_0479.JPG  Garten Beete IMG_0480.JPG  Garten Beete IMG_0481.JPG 

Zwischendurch habe ich im vorbei gehen höchstens mal das, was zu hoch wurde oder im Weg war
ausgerissen oder abgeschnitten und auf einen Haufen neben dem Beet geworfen (da überwintern Igel drin)
oder die Hühner mal für einen Nachmittag ins Beet gelassen:

sie scharren in den Beeten nach Futter und lockern dabei den Boden auf, scharren Wildkräuter aus,
deren Wurzeln dann in der Sonne verdorren und den Beeten neuen Dünger liefern, Sie fressen so manches Tier,
welches meinem Salat zu nahe kommen will und halten ganz nebenbei das Grundstück nahezu zeckenfrei.
Da sie auf dem Grundstück ihrer Arbeit nachgehen und Futter suchen, brauche ich vergleichsweise wenig Futter für sie
und habe auch ganz nebenbei die besten „glücklichen“ Eier der Welt und ab und an ein Hähnchen.

Die Beete sind blühende und essbare Wildlandschaften.

Zwei Personen (meine Mieterin und ich) decken nahezu ganzjährig ca 30% unseres gesamten Bedarfs an Nahrungsmittel
von diesem Wildgrundstück.
6 Personen (von den Reitern) sammeln sich wöchentlich ein bis zwei mal einen großen Korb Nahrungsmittel zum Mitnehmen und
durchschnittlich 10 Personen nehmen sporadisch Ernten mit (z.B. einen Eimer Fliederbeeren oder Pflaumen oder so)

....Fortsetzung folgt....
 
......Fortsetzung....

Im Herbst bleibt in diesem Gartenteil innerhalb der Beete alles, wie es ist.
Die oberflächlichen Pflanzenteile verdorren, samen aus, bieten Kleingetier im Winter Schutz und Nahrung.

So sehen die Beete aus, wo noch Nahrung wächst:

Garten Beete IMG_0467.JPG  Garten Beete IMG_0482.JPG 

Dies ist ein abgeerntetes Beet - hier waren Kartoffeln, Kolrabi, Kürbis und diverse Kräuter.
Lediglich die noch blühenden Wildkräuter werden noch in Salaten verarbeitet:

Garten Beete abgeerntet IMG_0478.JPG 


Im Frühjahr geht das Prozedere einfach von vorne los:
Mist auf die Beete vom Vorjahr – ohne, dass ich vorher lange irgend etwas hacken,
umgraben oder sonst was müsste. Die Reste der alten Pflanzen vom Vorjahr zersetzen sich unter der Mistschicht
und bilden wieder nährstoffreiche und lockere Grundlage für die neue Generation Nutzpflanzen und die Wildpflanzen
kommen aus der Saat des Vorjahres so wieder durch.- das werde ich dann im Frühjahr dokumentieren ;)


Ein ziemlich einfacher Kreislauf, der mir keine Arbeit abverlangt und trotzdem (oder gerade deswegen)
fast alles liefert, was ich für meine Küche brauche und darüber hinaus auch noch der Natur den vollen Raum bietet,
sich ungestört auszuleben.


Zwischen den Beeten im Garten muss allerdings jetzt schon etwas geschehen:
das Gras, welches den ganzen Sommer hindurch wild wachsen durfte, muss eingekürzt werden,
damit man anschließend noch einmal kurz mit dem Handmäher rüber kann.

Andernfalls würde das jetzt langsam von den Bäumen fallende Laub nicht abzuharken sein und
darunter alles zunehmend vermoosen.


Zur Zeit sieht es zwischen den Beeten so aus:

Garten Beete IMG_0483.JPG 

Heute abend gibts dann die Fotos vom ersten "Arbeitseinsatz :) Garten Beete IMG_0483.JPG 
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi Tanny,

jo, ich denk Holzer ist in der Essenz nix anderes als: Nimm dir Zeit, beobachte und zieh deine eigenen Schlüsse. Und wohl auch: Lass dich nicht beirren.

Außerdem: Holzer muss längst nicht mehr von seiner Landwirtschaft leben! Der Mann ist äußerst geschäftstüchtig. Aber eines kann er: Menschen faszinieren und sie wieder auf den Weg bringen, sich von der Natur und ihren Zusammenhängen faszinieren zu lassen, und auch mal gründlich nachzudenken und dem Wachsen und Werden einfach ihre Zeit zu lassen. Das ist jedenfalls das, was ich für mich mitgenommen habe.

Dein Garten ist SUPER, und ich beneide (im Sinne von: hätte ich AUCH gerne) dich um deine Einstellung und Geduld. Insbesondere um deinen gekonnten Umgang mit Tieren. Daher wundert es mich auch ein bisschen, dass du keine Mangaliza- oder Turpolje-Schweine hast. Oder kommen die noch?

Ich freue mich schon auf die versprochenen Fotos!
 
@ Karin,
Schweine hätte ich zu gerne :) ...
...aber ich könnte sie hier nicht frei genug halten, und ihnen nicht das an Umgebung bieten,
was sie bräuchten, um sich "sauwohl" zu fühlen ;) ...deswegen verzichte ich da lieber :traurig ;)

....so, heute Nachmittag hat mein erfahrenster Gartenhelfer seinen Winterdienst angetreten....

...darf ich vorstellen:

Blacky IMG_0486.JPG  Blacky IMG_0490.JPG  Blacky IMG_0492.JPG  Blacky IMG_0493.JPG  Blacky IMG_0499.JPG  Blacky IMG_0507.JPG 

Blacky ist 25 Jahre alt und zählt zu den Feinmotorikern unter meinen Helfern:
er setzt seine Füße mit Bedacht und trampelt nichts kaputt, er selektiert genau, was er abrupft und kann sogar
aus einem Pflanzkübel voller Blühpflanzen zwei Löwenzahnblätter rausfressen, ohne dass er eine der anderen Pflanzen
beschädigen würde :jaja....und Regen schmälert seine Motivation auch nicht.....

Darum ist er prädestiniert dafür, im Nutzgarten seinen Dienst zu tun.
Hier wird er jetzt einige Tage jeweils 2 Stunden aufräumen.
Ich muss hinterher nur noch seine Hinterlassenschaften einsammeln Blacky Hinterl IMG_0487.JPG 
(1 bis 3 Haufen pro Dienst), die dann direkt in das bereits abgeerntete Beet wandern.

Die zwei hüpften weg, wenn Blacky sich jeweils ein Grasbüschel vornahm:
Frosch IMG_0498.JPG  Frosch IMG_0502.JPG 

ich denke, wäre man da mit dem Rasenmäher unterwegs, hätten sie weniger Chancen.

...und bei meinen Kontrollgängen kann ich dann auch gleich ein wenig naschen:

Himberen IMG_0506.JPG 
Wenn Blacky in diesem Bereich fertig ist mit seiner Arbeit, werde ich dann das Nachher Foto liefern :lach
 
Zuletzt bearbeitet:
Genial!!!!!!!!!!!!!!!
 

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