AW: Alle Pflanzen siechen dahin, nur Fadenalgen wachsen
Hallo Peter,
ich habe ein vergleichbares Problem. Eine Lösung kann ich dir nicht anbieten, aber ein bisschen erzählen was so passiert.
Grundsätzlich schaue ich mir Gewässer an und stelle fest, es gibt welche, die sind einfach weitgehend algenfrei. Das ist mein Ziel. Sich mit den Algen arrangieren kann man entsprechend seiner persönlichen Schmerzgrenze tun, mir ist das nichts mehr. Exzessive Algen haben mich wohlgemerkt in der Pflanzenaquaristik an den Rand der Hobbyaufgabe gebracht, als ich dann eine Lösung fand, war das ab dem Zeitpunkt so algenfrei wie ich das weder erwartet hatte noch wollte. Bei der Lösung spielte ausreichende Düngung eine wichtige Rolle. Meine exzessiven, stark beleuchteten und bepflanzten Aquarien fahre ich mit ungedüngtem Sand und einer üppigen, unbedingt vollständigen Düngung nur über das Wasser. Das ist faktisch eine eutrophe Umgebung und trotzdem algenfrei. Es ist sogar so, das Phosphat genutzt wird um Punktalgen an den Scheiben zu beseitigen oder eine reichliche Stickstoffdüngung (Nitratform) gegen Fadenalgen genutzt werden. Das hatte ich selber schon reproduzierbar, dass bei einem Stickstoffmangel Fadenalgen auftauchten und sie bei Beseitigung des Mangels innerhalb von Tagen verschwanden.
Das Ganze wollte ich reproduzierbar haben, was aber alleine über den Ansatz Düngung unerklärliche, nicht funktionierende Ausreißer ergab. Es gab da noch ein paar weitere Felder abzuklopfen, immer mit dem gleichen Ergebnis. Es konnte in der Tendenz günstig sein, es waren aber alles keine 100%igen Lösungen.
Eine 100%ige Lösung ist es nie geworden, aber mir ist klar geworden was diese mehr oder weniger große Schwankungsbreite in den Ergebnissen verursacht und für mich bekomme ich eigentlich immer eine mind. gute Lösung hin. Den Unterschied macht die Mikrobiologie eines Beckens, der Biofilm.
Das ist ein Film aus Bakterien, Pilzen, Algen, Cyanobakterien, Schnick und Schnack. Darauf bauen wieder Ein-/Meerzeller auf, kleinere Tiere und so weiter in der Nahrungskette. Mir interessant ist der Biofilm in seiner Bedeutung der Mineralisation. Der Biofilm, bzw Bestandteile davon zersetzen organische Verbindungen bis zu ihren mineralischen Endstufen.
Und da gibt es Unterschiede! Das Aquarium hat den Vorzug, dass es sich gut beobachten lässt. Mein primäres Augenmerk richtet sich inzwischen vor allem auf den Biofilm und dessen Beeinflussung in gewünschte Bahnen. Ich mache das schon lange und kann anhand der Erscheinungsformen recht gut erkennen, wie das aussieht. Das ist weniger Hexenwerk als sich das liest. Die Befindlichkeit von Pflanzen lesen ist vergleichbar.
Wichtig bei der Sache ist, dass bei einem biologisch gut funktionierenden Biotop die ganze Sache stabiler, fehlertoleranter wird. Es ist dann z.B. von geringerer Bedeutung ob ein Biotop reichlich oder zu knapp gedüngt wird.
Es gibt zwei Dinge bei dem Biofilm, die eine Rolle spielen.
- die unterdrückende, konkurrenzbasierende Eigenschaft des Biofilms bezüglich Algen und
- die Nährstoff aufbereitende Wirkung des Biofilms
Da wird es dann schwierig.
An diesem Punkt bin ich an meinem Teichlein. Der läuft biologisch nicht wie gewünscht und es ist leider kein Automatismus, dass das sich von selbst perfekt einpendelt. Das Resultat sind Biotope, die durch ständige Fadenalgen trotz reichlichem(, schlechtem) Pflanzenwuchs auffallen oder Biotopen, die nur temporär ein Algenproblem haben oder Biotopen, die algenfrei sind und gar nicht aus der Bahn zu bringen sind und problemfrei funktionieren.
Letzteres will ich und es muss nicht mal diskutiert werden ob das geht.
Bei Fadenalgen kann man mit einer Stickstoffdüngung nichts kaputt machen, das kann nur helfen. Allerdings ist Düngung mit Salzen nicht so ganz ohne. Stickstoff lässt sich in verschieden Formen zugeben, ich nenne mal Kaliumnitrat, Calcium-, Magnesiumnitrat, Ammoniumcarbonat und Urea. Die haben alle situationsabhängige Vor- und Nachteile.
Ich verwende Urea, wird allerdings unter Sauerstoffverbrauch über Ammonium, Nitrit zu Nitrat mineralisiert. Wegen der Ammoniumphase spielt der pH eine Rolle (Bildung von fischgiftigem Ammoniak) und der (ebenfalls fischgiftigen) Nitritphase muss man bezüglich der Menge vorsichtig sein.
Kaliumnitrat scheint schön, wenn man es denn in der Apotheke bekommt, weil du gemustert werden wirst ob du nicht vielleicht ein Bömbchen basteln und legen willst und sie das mit administrativem Aufwand in ihrem ungeliebten "Giftbuch" festhalten müssen. KNO3 enthält reichlich Kalium und dem könnte ich durchaus eine Grünalgen begünstigende Wirkung zusprechen. Muss aber nicht - wegen des obig erwähnten mikrobiologischen Sachverhalts.
Damit (Urea) konnte ich durchaus etwas positives erreichen, das Problem aber nicht lösen.
Ein weiterer Versuch waren reichlich dünne Weidenzweige, zwei oberarmstarke Bündel auf meine 1000l Teichschale in den Filterkasten gestellt. Wirkstoff in den Weiden ist
Salicylsäure. Das hatte eindeutige Wirkung fast bis zum vollständigen Zusammenbruch der Fadenalgen, allerdings fingen die Weidenzweige dann an zu modern und mussten raus.
Ich habe es dann auch noch mit reiner Salicylsäure und Aspirin versucht, die wirkten nicht, wobei das nicht immer so ist, in meinem Teich wirkten sie nicht. Es kommt jetzt eine neue Generation von Algenmittel, die nicht mehr auf Kupfer, Wasserstoffperoxid oder Pestziden basieren, sondern auf "Salcylaten", d..h. verschiedenen Salzen der Salicylsäure, wobei es da eben viele verschiedene gibt und der Kram wie üblich ungenügend deklariert ist. Den Mitteln würde ich eine gute suppressive Wirkung gegen Grünalgen zusprechen. Ganz ohne Nebenwirkung sind die auch nicht, denn Pflanzen neigen zu Chlorosen, die über eine verstärkte Düngung (Fe und Spuenelemente) behoben werden kann. Weitere Nebenwirkungen hat es nicht. Es wird eben auch abgebaut und verbleibt weder im System noch richtet es generelle Schäden wie Wasserstoffperoxid an. Das alleine kann es nicht sein.
Das ist Symptombekämpfung! Die kann aber trotzdem helfen, denn wenn die Konkurrenzsituation im Biofilm herangezogen wird, schaffte das Unterdrücken eines Organismus Freiraum, der von anderen (Mikro-)Organismen genutzt, besetzt würde. Kann funktionieren, muss aber nicht.
Egal wie man es dreht oder wendet, die Biologie, der Biofilm ist das zentrale Element und das lässt sich über Technik, Düngung, sonstwas eventuell(!) begünstigen. Das hat was vom trial and error, aber erzwingen lässt es sich nicht!
Eine Möglichkeit wäre Schlamm aus einem gut(!) funktionierenden Biotop. Darüber brächte man entsprechende Mikroorganismen ein und muss dann hoffen, dass die das Biotop ausreichend beeinflussen.
Die übliche Sicht von Algen halte ich für völlig unzureichend. Es kommt dem allgemeinen Bedürfnis nach Vereinfachung entgegen, aber die üblichen Ratschläge zur Nährstoffminimierung führen aus oben genannten Gründen alles andere als zwangsläufig zum Ziel. Es kann sogar schaden! Das ist Lotteriespiel. Ist das von mir geschrieben auch, setzt aber konkreter an und es sind weniger die Nährstoffe im Fokus als die Biologie, der Biofilm, die Mikroflora und die ist wichtiger zentraler, IMHO unterschätzter, vernachlässigter Bestandteil eines Biotops.
Ich würde es mit Teichschlamm, submersen Teichpflanzen (als Trägern des Biofilms) aus fischfreien, algenfreien Biotopen versuchen.
Düngung kann das begünstigen. Ein Algenmittel auf Basis von Salicylaten kann das auch mit tolerierbaren Nebenwirkungen in die richtige Richtung schubsen. Ich bin mit solchen Dingen ausgesprochen vorsichtig, Kupfer, Pestizide (Monolinuran) geht gar nicht, Wasserstoffperoxid hätte mir schon zu große Kollateralschäden, man muss das aber nicht per se verteufeln. Das, was Salicysäure/Salicylate theoretisch und praktisch hergeben, macht sie für mich anwendbar. Eine Belastung sind die trotzdem - vor allem für Pflanzen - und ein dauerhafter Einsatz ist mir schon aus diesem Grunde nichts.
Sorry für den langen Post, ich habe einfach eine andere Sicht und muss dann ausholen. Ist so schon die Frage ob es ankommt. Muss es auch nicht. Ich habe halt gerade das gleiche Problem an der Backe und bin sicher, die Lösung für das Problem ist im beschriebenen Dunstkreis.
Mit freundlichem Gruß, Nik