AW: Natriumhydrogencarbonat
Hallo Heiko!
Das Fachgeschäft ist leider in den seltensten Fällen die Quelle wirklich treffender Beratung, denn von
"Nimmst dir 3 Elodea, 3 Myriophyllum und 3 Potamogeton und der Rest ergibt sich von allein ... macht 10 € 30 ct!"
können die natürlich nicht leben:
Unser Wirtschaftssystem ist eben nicht so aufgebaut, dass wirklich gute Beratung honoriert wird,
sondern praktisch immer der Verkauf von irgendwas - siehe Anlageberatung.
(Ich hab mir deshalb zum Grundsatz gemacht, niemandem zu glauben, der an mir verdient.)
Genau betrachtet ist es eigentlich extrem bewundernswert,
dass die in einem Bereich, wo eigentlich die Natur seit Jahrmillionen alles völlig gratis und perfekt regelt,
verschiedenstes Zeug verkaufen (ohne Deklaration der Inhaltsstoffe, damit man nicht merkt, dass es 100-fach überteuert ist),
welches bestimmt nicht schadet (Klagen!), aber ohne das es ganz genauso geht.
(Ich will Söll ein bissi rehabilitieren - die wollen halt was verdienen!)
Insofern will ich deine Sorgen zerstreuen:
Das Teich-ZEUG hat dir nix kaputtgemacht, auch wenn das nur jemand WIRKLICH brauchen würde,
der seinen Teich ausschließlich aus einem Brunnen im Torfmoor oder ausschließlich mit Regenwasser befüllt.
Nimm einfach den Söll´schen Hinweis "pH 8,5 ist die obere Grenze" nicht ernst.
Ich will mal versuchen, den pH-Wert auf teichphysiologischer Hinsicht zu beleuchten:
Die Fische und die anderen Wassertiere sind erstaunlich unsensibel gegen unterschiedliche pH-Werte und -Schwankungen.
(Ich hab Saisonfische der Gattung Nothobranchius gezüchtet, die in Weichwasser im Torf ablaichen.
Männchen und Weibchen werden dabei zum Laichansatz in getrennten Becken (KH 10, pH 8,5) angefüttert
und dann rausgefangen und in das Ablaichbecken (KH 0, pH 5) eingesetzt:
20 sec. nach dem Einsetzen laichen die das erste Mal ab - dürfte die also nicht stören!)
Bei den Pflanzen ist das ein bisschen anders.
Der kritische pH-Wert leigt dabei bei ca. 7,8 - das ist eine ziemlich scharfe Grenze:
darunter gibt´s Ammonium (NH4+) im Wasser, was DER tolle Pflanzennährstoff ist,
darüber liegt das als Ammoinak (NH3) vor, was aus verschiedenen Gründen unerfreulich ist.
Im Aquarium trachtet man deshalb danach, einen pH-Wert pH UNTER 7,8 zu haben,
aber in natürlichen Gewässern Europas findet man oftmal DEUTLICH mehr
und das funktioniert trotzdem - WARUM?
Man muss sich zunächst mal vor Augen halten,
dass man den pH-Wert in einem engen Zusammenhang mit der KH sehen muss.
(Siehe dazu auch, was
Anton Gabriel zu sagen hat!)
Das Hydrogenkarbonat puffert den pH-Wert auf maximal 8,5 und sorgt dafür,
dass wenig freies CO2 im Wasser zu finden ist.
... und wie leben da die Pflanzen?
Die Biologie in unseren Gegenden hat sich in Jahrmillonen darauf eingestellt:
Hier wächst keine Barclaya und keine Gitterpflanze, sondern Pflanzen,
die sogar das Hydrogenkarbonation knacken und daraus CO2 gewinnen können;
die wachsen also trotzdem.
Ich würde jetzt natürlich nicht die KH in ungeahnte Höhen treiben,
aber wie die im Teich ist (solange ein bissi da ist - sagen wir mal 3), lass mas.
Zu deinen Fragen kopier ich dir hier mal rein, was ich heute Nacht in einem anderen thread geschrieben habe:
(Ich weiss nicht, ob der Link direkt zu meinem post führen würde und das sind schon 3 Seiten!)
Was wird da so üblicherweise gemessen,
was sagt uns das Ergebnis
und braucht man das:
Was zum Befüllen aus der Leitung bzw. dem Brunnen (meist nicht so toll) kommt,
lässt sich meist erfragen (meist genauer als messen), was die Messung erübrigt:
Da erfährt man die Karbonathärte und liegt die über sagen wir mal 3, ist alles ok.
Die Gesamthärte ist relativ uninteressant in unserem Metier.
Im weiteren Betrieb des Teiches wird man eher ein Ansteigen realisieren, als ein Sinken;
(es verdunstet nur Wasser, aber Wasser mit KH und GH wird nachgefüllt.)
Schluss: Härtemessung nicht erforderlich.
Nachdem man einen Teich neu angelegt hat, kann man durch Nitritmessung feststellen,
ob die Nitrifikation im Filter oder im Teich schon funktioniert.
(Das ist aber nach ein bis zwei Wochen auch ohne Messung der Fall.)
Ist der Wert verschwindend klein oder ein bis zwei Wochen vergangen,
können die Fische eingesetzt werden und LAAANGSAM zu füttern begonnen werden,
wenn´s denn überhaupt sein muss.
Schluss: Nitritmessung nicht erforderlich.
Das Endprodukt der Nitrifikation ist Nitrat, welches ein relativ ungiftiger Pflanzennährstoff ist.
Fische (insbesonders die robusten Karpfen) vertragen da eine ganze Menge davon
und selbst im Trinkwasser sind 50 mg/Liter zulässig.
Da wäre das aber schon augenscheinlich ein schlitzige Brühe,
die jeder schon längst gewechselt hätte.
Schluss: Nitratmessung nicht erforderlich.
Wenn man sich mit der Intensivtierhaltung im Wasser beschäftigt,
d.h. im großen Stil (u.U. semigewerblich) Fische oder Garnelen aufzieht,
ersetzt man kann man die unpraktische Nitratmessung durch eine Leitwertmessung ersetzen,
die so ungefähr die Summe aller gelösten Stoffe anzeigt (stimmt nicht ganz, aber fast).
Nachdem die Härte einigermaßen konstant ist und man sonst nicht´s reinwirft,
wird der Anstieg des Messwertes durch Stoffwechselprodukte verursacht
und ist damit ein sehr guter Wert zur Beurteilung der Notwendigkeit eines Wasserwechsels.
Praktisch ist dabei, dass das eine elektrische Messung ist,
die (wenn man das Messgerät erst mal gekauft hat - so ab 25 €),
schnell, einfach und beliebig oft wiederholbar ist.
Schluss: Leitwertmessung in der Intensivtierhaltung hilfreich.
Gern wird der pH-Wert gemessen (weil´s so schön bunt ist)
und die Leute machen sich die schlimmsten Sorgen, weil sie pH 8,4 gemessen haben.
Sie beginnen die eigenartigsten Stoffe in den Teich zu werfen,
von solchen die zumindest kurzfristige Auswirkung auf den pH haben (Zitronensäure)
bis zu solche, die absolut keine Auswirkung auf den pH haben (z.B. Salz - das nimmt man immer gern!).
Das ist nicht unbedingt gut für die Biologie und wenn´s schon vielleicht nicht schadet,
so nützt es auch nichts (außer dass der pH-Wert für heute sinkt).
Abgesehen davon, dass Fische (insbesonders die robusten Karpfen) sehr unempfindlich sind
(man kann problemlos Fische aus extremen Weichwasserflüssen mit KH 0 und pH 5
in unserem Wasser mit KH 10 und pH 9 HALTEN, aber halt nicht züchten),
muss festgestellt werden, dass der pH-Wert DIE AUSWIRKUNG komplexer Regelkreise im Teich ist
und mit ABSOLUTER Sicherheit nicht die Stellschraube, an der gedreht werden kann und muss.
(Das wäre so, als würde man die Uhr auf 7 h verstellen, um ausgeschlafen zu sein!)
Schluss: pH-Messung nicht erforderlich.
Was wirklich Sinn machen würde, um die Basis der Algenplage zu erkennen
(was man dagegen tut ist eine andere Sache), wäre die Messung des Gesamt-Phosphors,
aber leider ist das sehr schwierig und überfordert uns Praktiker deutlich.
Nicht nur, dass man dazu erst jeglichen Phosphor in die messbare Form bringen muss,
sind die relevanten Mengen leider VERDAMMT klein (sollte max. 10 ... 20 MIKROgramm/l sein),
das ist um den Faktor 1000 weniger als z.B. Nitrat! (Da ist 10 MILLIgramm noch nicht schlimm!)
DIESER Test ist bei den Kombistäbchen deshalb nicht dabei (gibt´s auch meines wissens nicht auf Stäbchen)
und die Messreagenzien messen nur Phophat (besser als nichts)
und das VIEL zu grob, d.h. zeigen erst viel zu viel an
Der einzige Test, der 10 µg Phosphat erahnen lässt, ist der "Phosphat SENSITIV" von JBL,
Wer Algenprobleme hat, kann damit messen, (ohne Algenprobleme ist es eher wurst),
aber LÖSEN tut das leider noch lange nichts.
Wenn man das UNBEDINGT wissen will, sollte man besser ein dafür eingerichtetes Labor beauftragen
(nein: KEINE komplette Wasseranalyse - NUR Phosphor!), aber nicht den Teichshop.
Schluss: Phosphatmessung nicht erforderlich.
Weitere Fragen beantworte ich dir gerne, aber du solltest im Hinterkopf behalten,
dass ein Teich prinzipiell von ganz alleine funktioniert bzw. ins funktionieren kommt ...
... wenn man´s nicht aktiv verhindert.