Essigsäure gegen zu wenig CO2, aber was passiert mit dem Acetat?

Danke, dass es doch noch ein paar Rückmeldungen gibt, ich dachte schon ich hätte es völlig übertrieben.
Rüdiger, Deine Erläuterungen sind immer sehr interessant und leerreich. Danke.

In meiner schon lange zurückliegenden Süss und Salzwasser Aquaristik-Zeit habe ich viel gemessen, gepanscht und aufnotiert.
Mit der Zeit hatte ich es im Gefühl. (hüstel…. Na ja.. mehr oder weniger)
Bei meinem Teich messe ich seit Erstellung nichts.
Temperatur und Wetter betrachten. Verschmutzung beobachten.
Pflanzenwuchs und Sauerstoffsättigung im Auge behalten.
Die Strömung je nach Temperatur etwas optimieren oder auch ausschalten, damit die Wassertemperatur und auch die Verschmutzung stimmt. Es mehr oder weniger Sauerstoff ins Wasser treibt, Wasserwechsel. Wahl des Wassers. Bei mir kalkhaltiges Quellwasser oder Regenwasser.
Einfach mit der Natur arbeiten. Nachtauskühlung durch gezielten Pumpeneinsatz unterstützen, Springbrunnenpumpe bei Sauerstoffbedarf laufen lassen etc.

Das aufnotieren von Temperatur und Wetter, und die getätigte Massnahme finde ich etwas vom wichtigsten bei Optimierungen.
Mit der Zeit gibt es einem die Möglichkeit, Rückschlüsse und Zusammenhänge zu sehen.
Eine Massnahme bei kühlem Wetter kann anders wirken, als die selbe Massnahme bei heissem Wetter.
Aber man lernt nie aus.

(Ist natürlich bei meinem fischlosen Bubiteich auch viel einfacher als bei einem Teich mit grosser Belastung)
 
Ich habe mal gerechnet, dass deine 0,04 ml 2,5%ige Essigsäure nur 0,014 CO2 beim Verstoffwechseln bringen, gaukeln dir aber 5 mg CO2 vor. Da ist Zucker besser.
Ich sollte abends nicht mehr umrechnen, vor allem nicht mit einem Tablett und dann noch mal tippen.
0.04 ml 2.5%ige Essigsäure auf 1 L Wasser ergeben nach Umsetzung 1.4 mg/L CO2.
Vielleicht als Nachtrag wieviel von den "vorgetäuschten" 5.4 mg/L CO2 jetzt vorliegen, kann ich dir nicht genau sagen. (Ich könnte mal in meine alten Lehrbücher schauen, irgendwo habe ich noch eine Gleichung höheren grades, ein Matheprogramm könnte das heute vielleicht lösen, habe ich aber ehrlich gesagt keine Lust zu zumal das für die Kohlensäure nicht unbedingt stimmt ).
Ich schätze mal die Hälfte von den 5 mg/L CO2 bekommst du. Das geht auf Kosten der KH wenn ich bei dem Beispiel bleibe:
0.04 ml 2.5% igle Essigsäure ergeben
2.5 mg/L CO2 durch die Säure (Hälfte deiner gemessenen 5 mg/L)
KH sinkt um 0.3 °dH
später gibt es noch 1.5 mg/L CO2 der Essigsäure dazu, dann stimmen auch die Werte wieder. Ich kann dir nur nicht sagen was "später" heisst.
Die Biogene Entkalkung stoppst du damit letztendlich schon.

Dein CO2 Mangel habe ich nicht angezweifelt, ich hoffe, das kam nicht so an. Mir ging es vor allem darum, dass du deine Messungen jetzt leider nicht mehr so ganz stimmen. Deine Messungen sehen auch sonst gut aus.
Wachsen deine Pflanzen eigentlich gut ausser das sie Biogen entkalken? Eine CO2 Senke sind ja die Pflanzen, wenn sie genug Nährstoffe bekommen, dann wachsen sie schön und bauen dabei ziemlich viel CO2 ein, das fehlt dann im Teich und sie gehen zur Entkalkung über. Mit GH 7 und KH 5-6 hast du schönes Teichwasser, da würde ich den Kalkstein erst mal weglassen. bei deinem Teich wären das eh nur ein paar Steine. Für meinen Teich habe ich mal 0.5 m2 Steinoberfläche gerechnet, das wären dann bei dir vielleicht 1500 cm2 (kleine Erinnerung an die Grundschule: 1 m sind 100 cm-> 1m2 sind 100cm x 100cm = 10000 cm2)

Ich bin ein bisschen hin und hergerissen, ob ich dir die Essigsäure empfehlen soll. diese 0.04 ml 2.5% Essigsäure pro Liter wären auf denen Teich 320 ml 2.5% Essigsäure oder 8 g reine Essigsäure. Das kann man schon mal probieren. Auf Dauer ist das sicher keine Lösung. Ich würde damit Warten bis der Teich so 12-15°C hat, damit die Biologie läuft, dann vielleicht 1 mal zugeben eine Woche warten und ruhig mal messen, was so passiert. Ich mag die Zucker Methode lieber, auch wenn das ebenfalls keine Dauerlösung sein sollte, aber 2-3 Jahre kann man das machen, bis der Teich genug eigenen Dreck aufgebaut hat, um für CO2 selber zu sorgen.

Die Farbe:
Hab ich mich zu kompliziert ausgedrückt.
Diesen Effekt, dass die PH,KH,CO2 Rechnung nicht mehr passt haben die Chemisch als "mittelstark" eingestuften Säuren. Das sind für den Teich vor allem die organischen Säuren (z.B. Essigsäure, Zitronensäure, Weinsäure) die werden aber sehr schnell abgebaut und sie sind Farblos. Wenn du nicht jeden Tag nachgibst, sind die also kein Problem. Theoretisch könnte im Teich noch Phosphorsäure drin sein, aber in relevanten Konzentrationen hättest du dann ein anderes Problem. Die ist auch farblos, in einem Teich aber meist sehr sehr grün.:eek:
Es gibt aber noch eine Gruppe organischer Säuren, die Huminsäuren, die gelten auch als mittelstarke Säuren und würden die PH, KH CO2 Messung und Rechnung stören. Diese Säuren sind aber sehr stark gefärbt. Wenn dein Teichwasser also einigermassen farblos ist, dann stimmen die Messungen und die Rechnungen. In z.B. "Schwarzwasser" wäre ich nicht so sicher, aber da ist KH eh sehr klein, so dass die Rechnung sehr ungenau wird.

Ich glaube das reicht an Text.

schöne Grüsse
Rüdiger
 
Hallo Rüdiger,

ich weiß nicht, wie ich dir deine ausführlichen Erklärungen jemals danken soll!!

Aber nun zurück zum Wasser und zum Pflanzenwuchs:
Unmittelbar nach Inbetriebnahme (2021) des neuen Teiches haben alle Unterwasserpflanzen kräftig zugelegt und die "grüne Brühe" wurde langsam klar, bis nach einigen Wochen das Wachstum deutlich stagnierte. Daraufhin habe ich jeden Tag 50l Leitungswasser hineingetropft und dadurch ca. 0,125ppm/Tag Nitrat zugegeben. Daraufhin legte das Wachstum wieder deutlich zu.

2022 bildeten sich aber vermehrt dicke Algenschichten auf allen Flächen unter Wasser, besonders zwischen den Flachwasserpflanzen. Daraufhin habe ich die Nitratzufuhr kurz nach Beginn im Frühjahr wieder eingestellt. Das Wasser selbst ist absolut klar und in einem Glas optisch nicht von Trinkwasser zu unterscheiden. Auftreibende Algenbüschel habe ich regelmäßig abgefischt. Die Unterwasserpflanzen sind zwar weiter gewachsen, aber es trat eben vermehrt die biogene Entkalkung auf und dadurch meine Folgerung des CO2-Mangels.

Ich habe nur wenig Probleme damit, einfach zu warten und die Natur mal machen zu lassen, aber ich habe auch die Sorge, dass mir die Algen den letzten Rest CO2 verbrauchen und dann die Unterwasserpflanzen irgendwann absterben.

Ich werde jetzt wohl den Beginn der Wachstumsperiode abwarten und dann mal vorsichtig und unter Beobachtung von pH und KH mit der Essigsäure anfangen und sehen, was passiert. Meine CO2-Einperl-Vorrichtung habe ich ja auch noch; Essigsäure zugeben ist aber doch etwas einfacher!

Zum Schluß habe ich noch eine Frage: Trifft es immer zu, dass wenn bei Belüftung des Wassers der pH-Wert sinkt, der CO2-Gehalt steigt oder kann der Effekt auch durch ander Gase in der Luft erzeugt werden?

Viele Grüße und nochmal herzlichen Dank
Gerd
 
Zum Schluß habe ich noch eine Frage: Trifft es immer zu, dass wenn bei Belüftung des Wassers der pH-Wert sinkt, der CO2-Gehalt steigt oder kann der Effekt auch durch ander Gase in der Luft erzeugt werden?
Eine klare Antwort auf die Frage kann ich dir nicht geben. Es ist da eine Menge möglich, aber in der Realität erscheint mir das alles recht unwahrscheinlich. Vor 30 Jahren war das noch anders.

Möglichkeit 1
Schwefeldioxid SO2 ist ein stechend riechendes Gas, das bei der Verbrennung von Schwefelhaltigem Material entsteht. Besonders viel Schwefel enthält Braunkohle. Das ist die Ursache des sauren Regens in den 80igern, durch Regulierungen werden aber in Europa Filter vorgeschrieben. Wenn du in der Nähe eines Braunkohlekraftwerkes lebst wäre das vielleicht eine Möglichkeit. Das entstehende Sulfid/Schweflige Säure würden übrigens CO2 vortäuschen, wie vorher beschrieben. (Reagiert mit Wasser zu Schwefeliger Säure SO2 +H2O -> H2SO3 -> H(+) +HSO3(-)

Möglichkeit 2
Schwefeldioxid SO3 entsteht aus SO2 durch Oxidation an der Luft (langsam) oder katalytisch in der Schwefelsäuresynthese. Käme zusammen mit SO2 vor und ebenfalls Bestandteil des sauren Regens. Reagiert mit Wasser zu Schwefelsäure. Die Schwefelsäure würde dein gesamtes Karbonat (KH) in CO2 umsetzen und dann deinen pH so richtig in den Keller schicken. Ist sehr unwahrscheinlich.

Möglichkeit 3
Chlorwasserstoff HCl ist ein Gas, das bei der Verbrennung von Kunststoffen (PVC) entsteht. Es könnte also in erhöhten Konzentrationen vorkommen, wenn in der Nähe eine Müllverbrennungsanlage entsteht, oder es in der Nähe brennt (Kunststoffverarbeitender Betrieb, Privathaus mit Kunststoff Fensterrahmen). Darf eigentlich zumindest in der Müllverbrennung nicht in die Umwelt gelangen.
HCl Gas bildet mit Wasser Salzsäure (HCl + H2O -> H(+) +Cl(-) (H2O)
Salzsäure würde ebenfalls deine Karbonathärte aufbrauchen und dann deinen pH so richtig in den Keller schicken.

Möglichkeit 4
Stickoxide NOx sind bräunliche Gase, die bei Verbrennungsprozessen entstehen. Der Luftstickstoff reagiert dabei mit dem Luftsauerstoff. Diese Reaktion benötigt hohe Temperaturen oder einen Katalysator. Das NOx in Autoabgasen vorkommt ist wohl inzwischen bekannt. NOx reagieren mit Wasser und Luft zu Salpetersäure HNO3. HNO3 reagiert wie Salz-und Schwefelsäure und setzt das CO2 aus den Karbonaten frei und schickt dann den pH in den Keller. Das ist das einzige der Gase der legal in deiner Umgebungsluft vorkommen darf. Ich hoffe aber mal für dich das du nicht soviel NOx hast, um deine Effekte zu erklären.

Ich verstehe ja nach wie vor nicht was bei dir passiert ist, eigentlich darf der CO2 Gehalt bei Belüftung nicht über die 0.5 mg/L ansteigen. Das oben sind zwar Möglichkeiten, aber das ist heute in Deutschland kaum vorstellbar. Ich wollte sie mal vorstellen, vielleicht hat ja jemand aufgrund der Möglichkeiten eine Idee. Wenn dein Nachbar wären deiner Messung irgendwelchen Mist im Garten verbrannt hat wäre das zum Beispiel denkbar.

Ich hoffe das nicht zuviel Chemieunterricht

Rüdiger
 
Habe zu diesem Thema noch etwas gefunden. Besonders das mit der fehlenden Strömung und dem CO2 vorkommen im Teich, am Ende des Beitrags, finde ich einen Punkt, der vermutlich häufig zum tragen kommt. Ist zwar aus der Aquaristik aber auf den Teich umsetzbar.

 
Hallo Patrik,
vielen Dank für den Link. Das ist ja schon an mehr Stellen diskutiert worden, ob Belüften mehr CO2 bringt. Man kann die Themen Strömung und Luftaustausch kaum trennen. Zu wenig ergibt eventuell eine schlechte Verteilung, zu viel führt zu CO2 Verlust an der Oberfläche. Vor allem bei “gut“ besetzten Fischteichen muss ja auch noch die Sauerstoffversorgung passen.
da stößt man hier auch schnell ab Grenzen, da das über ein Forum und ein paar Bilder kaum zu beurteilen ist.

beste Grüße
Rüdiger
 
Hallo Rüdiger,
die Sache mit den CO2-Berechnungen habe ich folgenden Versuch gemacht: (Bin halt immer neugierig, was passiert wenn....)

Eine druckfeste Kunststoffflasche habe ich randvoll und (fast) ohne Luftreste mit Teichwasser gefüllt. Dann habe ich mit einer CO2-Druckgasflasche eine 10ml-Injektionsspritze mit dem Gas gefüllt und dann deren Inhalt duch einen Anschluß im Deckel der Flasche in das Wasser gepresst und das Ganze ca.15min stehen lassen. Danach war praktisch kein Druck mehr vorhanden und das Gas komplett im Wasser gelöst worden. Jetzt waren also etwa 20mg CO2 mehr in dem 1l Teichwasser. Und hier das Ergebnis:

Ausgangszustand: KH = 5, pH = 8,76 -----> 0,25mg CO2/l
Nach CO2-Zuführung: KH = 5, pH = 7,04 -----> 12,94mg CO2/l

Bin ich richtig mit der Annahme, dass die fehlenden rund 7,5mg zur Umwandlung von Kalk in Hydrogenkarbonat verbraucht wird?
Werde den Versuch morgen noch mit aufgehärtetem destilierten Wasser machen.

Viele Grüße
Gerd
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Rüdiger,

ich habe mir das Diagramm zum Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht noch mal angesehen und versucht, die Einflüsse von Änderungen an einer der Wasser-Inhaltsstoffe zu verstehen und glaube, dass ist mir (halbwegs) gelungen. Es ist mir jetzt in etwa klar, dass und warum zusätzlich eingebrachtes CO2 nicht komplett als gelöstes CO2 im Wasser verbleibt. Den Versuch mit dest.Wasser habe ich erst mal nicht gemacht.

Zu den von dir genannten Schadstoffe in der Luft, die möglicherweise nach Einblasen ins Wasser falsche CO2-Werte vorgaukeln, glaube ich, dass die Luft hier nicht so schlecht ist, weil wir hier selten die Abgase der chemischen Industrie von Köln und Umgebung abbekommen und auch relativ im "Grünen" wohnen.

Viele Grüße
Gerd
 

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