AW: Schlamm vom Teichgrund rausschaufeln/ schöpfen?
Hallo, guten Morgen,
jetzt wird's doch interessant.
Ich fasse 'mal laienhaft zusammen : für ein Teichleben im Gleichgewicht brauche ich,
- einen Bodengrund, auf dem die nützliche Bakterienflora sich ansiedeln kann, um eingetragenes organisches Material aufzuschließen, zu mineralisieren und damit einerseits lagerfähig zu machen und andererseits als "Dünger" den Pflanzen zur Verfügung zu stellen,
- es entsteht eine Schichtung: Bodengrund, Depotschicht (anaerober Schlamm), lebendige, "Arbeitsschicht" (aerober Schlamm), im Wasser gelöste (Nähr-)Stoffe.
Pflanzen verbrauchen die im Wasser gelösten Stoffe, die von der Bakterienflora der aeroben Schicht bereitgestellt werden mit dem bekannten, der Photosynthese geschuldeten O²- CO² - Austausch im Wasser.
In der Zeit, wo die Arbeit der "Haupotverbraucher" Pflanzen noch nicht ausreichend ist, übernehmen die diversen Algen und werden zu den Hauptverbrauchern (Frühjahrsalgenblüte).
Soweit wäre alles in schönster Ordnung, solange organischer Nährstoffeintrag (Laub, Exkremente etc.), Menge der nützlichen Bakterien und Anzahl der Pflanzen (möglichst höherer Ordnung) als Verbraucher in perfektem Gleichgewicht sind, natürlich unter ausreichender Anwesenheit von O²/CO², das alle Beteiligten im Wechsel verbrauchen bzw. produzieren.
Ergebnis: Teich im Gleichgewicht, perfekte Symbiose (und eigentlich ja die Urformel allen Lebens auf der Erde).
Aus dem bisher Gesagten würden sich "nur" folgende Probleme ergeben:
- wenn ich (persönlich oder durch meine Fische) die Depotschicht aufwühle und dadurch auf einmal zu viele Stoffe freisetze, nehmen sich Algen des Problems an, starten ihren Lebenszyklus und "verbrauchen" zuerst, werden dann durch ihr Absterben aber wieder zur Aufgabe für die Bakterienschicht bzw. der nächsten Algengeneration.
- wenn durch mich (über falsche Substrate, Fische, Pflanzendünger etc.) oder die umgebende Natur (Tierexkremente, Laubabwurf etc.) der Nährstoffeintrag zu hoch ist und die "Verbraucher" bzw. "Einlagerer" nicht mehr nachkommen, begünstige ich wieder meine "Notfallpflanze", die Alge,
- wenn dem Kreislauf im Gewässer Temperaturen zugemutet werden, die negativ in den O²/CO² - Austausch und damit pH-Wert eingreifen, kommen damit auch wieder Algen am besten zurecht und "höhere" Lebewesen werden massiv beeinträchtigt.
Mit dem Gesagten sind die wichtigsten "Stellschrauben" in dem ganzen Regelkreis genannt und darauf beruht ja die "Lehrtätigkeit" dieses Forums. (Die reinen Fischhälterungsteiche nehme ich hier 'mal aus, das sind ja ganz andere Regelkreise und damit "Stellschrauben" - das wird in unserem Forum manchmal zu wenig deutlich und begründet Mißverständnisse).
So, Peter und Nik, bitte positioniert in diesem Kontext den "Faulschlamm", und die Anaerobia, die ihn "bewirtschaften".
Nach meinem Verständnis "züchte" ich den Lebensraum "Faulschlamm" hauptsächlich dann, wenn der oben genannte Regelkreis besonders an der "Stellschraube" organischer Nährstoffeintrag überfordert wird. Die hauptsächliche negative Konsequenz ist die Produktion von Faulgasen, die alle Prozesse, die O²/CO²-abhängig sind, beeinträchtigen. Und:
Mehr oder weniger dicke Schlammschichten können kaum durch und durch aerob sein;
in einer Tiefe von wenigen Zentimetern gibt´s dann keinen Sauerstoff mehr
und anaerobe Bakterien machen die vorher erfolgten Oxidationsprozesse wieder rückgängig.
Peter, wo ist jetzt der Denkfehler, oder die Wundergläubigkeit, das teure Teichwoodoo, wenn ich nach dem "Wühlen" im Teich z.B. bei Reinigung, wo ich dramatisch erwünschte und unerwünschte Stoffe im Wasser gelöst habe, und jede Menge erwünschte Teichflora entfernt habe, dem Wasser nützliche Teichbakterien in Trockensubstanz (als bewährtes Verfahren) plus den zur Vermehrung/Arbeitsaufnahme notwendigen Sauerstoff zuzuführen, um die Rückkehr meines ausbalancierten Regelkreises zu befördern?
Und es ist doch klar, daß ein "junger" Teich, wo der erwünschte Regelkreis noch gar nicht etabliert ist, zunächst mal nur an den "natürlichen" Stellschrauben (Nährstoffeintrag,Pflanzen, Licht, Besatz etc.) beeinflusst werden sollte. Da könnte man Teichbakterieneintrag halt als "Beschleuniger" erwünschter Prozesse denken.
Aber was bitte spricht dagegen, einem "alten" Teich, wo "Faulschlamm" und Anaerobia, aus welchen Gründen auch immer, zum Problem geworden sind, AUCH (nicht NUR!) mit nützlichen Teichbakterien (jetzt wirklich als "Bio-Booster") aufzuhelfen?
Und es ist doch auch nachvollziehbar und rational, daß man bei einem durchschnittlichen Gartenteich (geringe Boden-, also Besiedelungsfläche bei vergleichsweise geringem Wasservolumen und begrenzten Pflanzflächen für Starkzehrer) an der "Stellschraube" künstliche (= schnelle) Vermehrung von Teichbakterienflora denkt.
Oder nicht? Und wenn nicht, warum nicht?
Liebe Grüße,
Anna