Wie ernähren sich Unterwasserpflanzen aus nährstoffarmen Substraten?

gerd43

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Hallo,

mein erster Gartenteich (ohne Fische) ist gründlich daneben gegangen: Ausser Fadenalgen und der (gedüngten) Seerose ist fast nichts gewachsen. Jetzt ist ein Neubau geplant. In diesem Forum habe ich manchen guten Tipp gefunden, aber Folgendes ist bis jetzt unklar geblieben:

Viele submerse Pflanzen holen sich ihre Nährstoffe mit Hilfe extrem feiner "Blätter" unmittelbar aus dem Wasser. ( Tausendblatt, Wasserhahnenfuß, Wasserpest, Krebsschere usw.) Andere dagegen bilden kriechend Rhizome oder ausgeprägte Wurzelsystem aus, mit denen sie sich ihre Nährstoffe vorwiegend aus dem Bodensubstrat holen. ( Seerosen, Froschlöffel, Knötericharten, Schilf usw. ) In den Beschreibungen findet man dann unter "Standortansprüche" dieser Pflanzen Begriffe wie "schlammiger Boden", "nährstoffhaltiger" oder gar "humoser" Grund.

An dieser Stelle fängt mein Verständnisproblem an:
Wegen der Algenbildung werden IMMER UND ÜBERALL möglichst nährstoffarme Substrate wie gewaschener Sand oder Kies, Verlegesand, Sand-Lehm-Gemische usw. empfohlen. Weiter unten wird dann geschrieben, dass die Wasserpflanzen in neu angelegten Teichen erst dann richtig wachsen und den Algen das Futter wegnehmen, wenn sich ein Mulmschicht gebildet hat.
Daraus kann man doch schließen: Die nährstoffarmen Substrate sind erst dann optimal, wenn sie nicht mehr nährstoffarm sind; im Umkehrschluß heist das aber doch: Gedüngte Substarte würden von Anfang an das Wachstum der Wasserpflanzen fördern und dann den Algen von Anfang an das Futter (oder das Licht) wegnehmen.

Gibt es jemanden in diesem Forum, der mir den "Verständnisknüddel" entwirren kann? Ich möchte im neuen Teich nicht die gleichen Probleme bekommen.

Gruß
Gerd
 
Hallo Gerd.
Ich versuche es mal uu erklären wie ich es Laienhaft verstehe.
Ins Wasser fallen alle möglichen biologischen Stoffe. Blätter Stöcker oder auch Ausscheidungen von tierischem Leben, über und unter Wasser. Dieses sinkt im Normalfall zu boden. Es sei denn man hat Fische die gern gründeln und alles durchwühlen wollen.
So nun liegt das Zeug da unten und wird erst von oben nach unten von Bakterien und co zersetzt. Irgendwann ist die Schicht jedoch so dick das Aerobe (Sauerstoff benötigende Bakis) nicht mehr weit genug vordringen können da der Sauerstoff ausgeht. Gleichzeitig mineralisiert die Oberfläche schon und erhöht den Sauerstoff Abschluss. Jetzt bekommen im Untergrund die Aneroben Bakterien und co die Überhand und zersetzen alles schön weiter. Jedoch kommen diese freigewordenen Nährstoffe nicht mehr ans Wasser und können somit keine Algen mehr ernähren. Aber höhere Pflanzen können durch Wurzeln darauf zu greifen.
Bei der Zersetzung durch Aerobe Verwerter entstehen ua. Faulgase diese steigen durch die Mineralschicht und machen immer wieder etwas Platz für friches Wasser welches von oben drüber durchsickern kann. Damit können die Pflanzen dieses Wasser aufnehmen in dem dann die gelösten Nährstoffe sind. Usw. Usw. Usw.
Dabei gibt es jedoch ein klitzekleines Problem. Die Mineralschicht wird immer dicker, immer weniger frixhes Wasser kann nach unten der Teigh verlandet immer mehr und mit etwas Glück kannst du irgendwann Torf stechen. Oder dir ein Lehm - Tonhaus bauen.
 
Hallo René,
danke für Deine Erklärung. Nur, wovon sollen die höheren Wasserpflanzen leben, bis dieser Prozess angelaufen ist, also genügend Mulm entstanden und in verwertbare Nährstoffe umgewandelt worden ist? In meinem Teich haben die meisten Pflanzen diese Phase nicht überlebt.

Ist es dann nicht sinnvoll, etwas stickstoffhaltigen, mineralischen Dünger in die untersten cm des Substrats einzuarbeiten und dann das Ganze mit einer weiteren, wesentlich dickeren, ungedüngten Schicht abzudecken?

Aus Deiner Erklärung lese ich aber auch, dass es nicht gut ist, wenn man (oder Fisch) dauernd in der Mulmschicht herumwühlt, sondern das Ganze einfach in Ruhe läßt, und erst dann was herausholt, wenn das Verlanden Überhand nimmt. Bei der Menge der hereinfallenden Biomasse gilt hier wohl auch: Die Menge macht das Gift!

Gruß
Gerd
 
Hallo Gerd,
In meinem Teich haben die meisten Pflanzen diese Phase nicht überlebt
Das Problem haben fast alle Pflanzen , viele aus dem Handel werden auf Nährstoffsubstraten gezogen und " verhungern" dann im neuen Teich / Beet.
Beim Umsetzen geht auch die Feinverwurzelung verloren !
PS: Pflanzen von Freunden kommen auch nur aus Teichen wo es ein Überangebot gibt .
stickstoffhaltigen, mineralischen....... Substrats
Könnte man machen ,nur züchtet du so auch unsere Freunde die ALGEN .Die sind dann auch noch schneller da sie " niedere" ( einfache) " Pflanzen
sind.
Es ist immer und überall ein Gleichgewicht !
Mulmschicht herumwühlen----in Ruhe lassen --- " Gift"
Auf alle Fälle kann man das riechen !
 
Hei, es gibt noch ein Szenario, das Phosphatfalle genannt wird.
Phosphat wird im Boden gebunden. Nur muß der Kreislauf erstmal in Gang kommen.
Die Rolle des Abwasser spielt Dein Dünger oder gedüngte Erde.

View: https://www.youtube.com/watch?v=93KObALTyJo

Lass dem Ding einfach seinen freien Lauf, gedulde Dich etwas und das PFlanzenwachstum wird von selbst starten...
Ich hätte im Ersten Jahr auch am liebsten an den Pflanzen gezogen..aber erst als sich Nährstoffe von selbst im Teichlein angesammelt haben, konnten die Pflanzen auch wachsen. Microorganismen und Algen bildeten Mulm, Schlamm, wo Phosphat und Eisen gebunden vorliegen. Alljährlich im Juni wird der Teich kurz grün, und sehr schnell dann Kristallklar. Die Wasserflöhe, Cyclops und allsowas müssen sich ja dann auch erst vermehren. Die Mineralisieren die Nährstoffe dann wieder, damit Wasserpflanzen sie aufnehmen können. Fadenalgen können in dem Teich nicht leben, weil die Schwebealgen ihnen die Nährstoffe rauben , den Pflanzen verfügbar machen und Phosphat und Eisen entweder im SChlamm oder in den Schwebealgen und Wasserpflanzen gebunden werden.
Die Zeit vergeht sooo schnell...
Lass Dich doch einfach mal drauf ein...
VG Monika
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei der Zersetzung durch Aerobe Verwerter entstehen ua. Faulgase
René, ich bin da ganz bei dir, aber das oben ist ein Tippfehler? Es müsste doch anaerobe Zersetzung heißen. Siehe hier:
https://www.chemie-schule.de/KnowHow/Schwefelkreislauf
Das Faulgas wäre in diesem Fall H2S (Schwefelwasserstoff) das entweder im Mulm unter Luftabschluss von anaerob lebenden Bakterien produziert wurde, oder, worst case, von eben diesen oberhalb der Mulmschicht, weil der gesamte Sauerstoff vorher von aeroben Zersetzungsprozessen aufgezehrt wurde.

Hi Gerd,
ich hol mal ein bisschen aus :hehe5
Irgendwo hab ich mal gelesen, dass es ca. 10 bis 20 Jahre dauert, wenn man einen Teich anlegt und wartet, bis er sich "selbstständig bepflanzt" hat. Und wie René bereits ausgeführt hat, weitere wenige Jahre, Jahrzehnte, (je nach Größe) bis das gute Stück wieder verlandet ist.
Wenn man sich jetzt mal "an Land" ein wenig umschaut, irgendeine frisch aufgebrochene Branche, Baustelle, Industrieruine etc.dann wird man feststellen, dass sich schnell genügsame Kräuter ansiedeln, die mit dem gestörten und nährstoffarmen Boden zurecht kommen. Diese Pioniere bereiten den Boden für anspruchsvollere Pflanzen und nach zehn, zwanzig Jahren hast du da je nach Topographie, ein Mischwäldchen oder eine abwechslungsreiche Staudenflur stehen.
Bei Teichen ist das ähnlich. Und so lange warten und nach zwanzig Jahren womöglich mit dem Ergebnis unzufrieden sein, will ja keiner.
Also muss man partiell nachhelfen. Nährstoffliebende Sumpfpflanzen brauchen im mageren, neu angelegten Teich eine Starthilfe in Form von ihnen genehmen Substrat um die Wurzeln rum. Wenn sie angehen, "schaffen" sie sich die Umgebung selbst, weil sich der Modder, den sie benötigen, zwischen ihren Trieben und Ausläufern sammelt.
Man muss die Nährstoffbedürfnisse im Auge haben und die direkte Umgebung der betreffenden Pflanzen ein bisschen steuern. Klappt aber auch nicht immer, da braucht man Geduld, Glück und einiges an trial and error.
Ein bisschen anders sieht es mit den reinen Wasserpflanzen aus, die ihre Nährstoffe direkt aus dem Wasser holen, denen schafft man natürlich keine gut gedüngte Umgebung. Ich würde da mit Schwimmpflanzen anfangen, die wenig brauchen und schauen, wie sie sich entwickeln. Es sei denn, du hast mit Nitrat und Phosphat belastetes Wasser, dann darf es die Bepflanzung etwas hungriger sein.

Außerdem schadet es auch nicht, ein Auge auf stabile Wasserwerte zu haben. Ein stark schwankender pH-Wert, Temperatursprünge etc sind Stressfaktoren für Pflanzen, nicht alle kommen damit zurecht.

Und auch nicht unwichtig: Nährstoffe im Wasser heißt nicht automatisch, dass sie für höhere Pflanzen verfügbar sind. Da braucht es die Mikrofauna, die auf und im Mulm siedelt, Stichwort Teich impfen, Starterbakterien usw. Und natürlich viel Oberfläche, wo sie siedeln kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es müsste doch anaerobe Zersetzung heißen.
Asche auf mein Haupt, da bin ich wohl beim ganzen hin und her gespringe zwischen An- und A- eroben Milieu ganz wuschig geworden. Kein Wunder bei dem Kaffeeentzug, wenn man so lange Texte schreibt
:kaffee
 
Hallo Monika,

vielen Dank für das recht informative Video über die Selbsreinigung von Gewässern. Ob dieser Vorgang allerdings in einem nur 1m tiefen Gartenteich auch so ablaufen wird, möchte ich bezweifeln. Eine nennenswerte Temperaturschichtung habe ich noch nicht feststellen können; im letzten Sommer hatte ich oben wie unten eine Wassertemperatur von 28°.
Die in der Natur eigentlich überall erforderliche Geduld hat bei mir auch nicht so ganz funktioniert: In meinem Tümpel hat sich auch im 6. Jahr nichts geänder. Außer Fadenalgen und kleinem Rohrkolben ist nichts, aber auch garnichts richtig gewachsen!!! In dem total klaren Wasser waren das Elend und der kurze Lebenslauf auch noch immer gut zu sehen: Austreiben, glasig oder braun werden, absterben. Nur die Molche haben sich prächtig vermehrt......

Vielleicht habe ich aber auch zu oft versucht, alles herauszufischen, was in den Teich gefallen ist und die Empfehlung eines möglichst nährstoffarmen Wassers ist wohl auch nicht immer richtig. Was nicht irgendwie gefüttert wird, kann auch nicht weiterleben.

Gruß
Gerd
 
Hei, hast Du eine Pumpe drin?
Weil ich habe auch Mörtelkübel und andere kleine Gefäße mit Wasserpflanzen.
Da ist sehr wohl eine Temperaturschichtung drin. Die spürt man sehr deutlich, wenn man mit der Hand reingreift. Ebenso in meinem 1200Liter Teichlein. Das ist in der Flachwasserzohne brühwarm, und wenn ich tiefer runter greife, richtig kalt.
Mit einer Pumpe bringt man die Schichtung durcheinander, die für Tiere im Hochsommer und Winter lebenswichtig ist.
Wobei ich gestehen muß, das ich bei den kleinen Gefäßen, sowie den Lotuskübeln mit Seerosenosmocote dünge. Das kann ich aber auch nur machen, wenn ich keine fädigen Algen reintue, sonst ist der Pott voll mit Algen.
Wenn man keine reintut, sind auch keine drinnen.
Von Laub und sonstwas rausfischen, halt ich garnix...
Hab noch einige Aquarien und auch in denen findet das im Kleinen statt.
Zwar nicht die Temperaturschichtung, aber das absetzen von Phosphat und Eisen in Filter und Bodengrund. Das merke ich immer schmerzlich an meinen erwünschten, schönen Schnecken. Der Schlamm muß immer entfernt werden, sonst frisst es die Gehäuse auf. Aber in Aquarien wird auch gedüngt. Sonst ist nix mit Pflanzen.
NPK mehr oder weniger...je nach Besatz.
VG Monika
 

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